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Musste ich mit meinem fake Chicken & fake Joghurt unter dem Arm nach Hause laufen

  • Autorenbild: Cécile Abati
    Cécile Abati
  • 26. März 2023
  • 2 Min. Lesezeit

Umweltfreundlich wie ich bin, ohne Plastiktasche, hüpfte ich mit meinem Alpro Soja Vanille Joghurt und meiner Erbsenmasse, aufgespiesst an einem Holzstängel, fett ein mariniert, unter dem Arm ins Tram. Meine AirPods, mit absolut fantastischem NoiceCancelling und meiner Ignoranz dem SBB App gegenüber, verpasste ich die letzte Gelegenheit auszusteigen.


Das Tram wechselte von den sonst üblichen Schienen auf andere, unbekannte und weniger befahrene Schienen. Dieses Wanken brachte auch meine Aufmerksamkeit zurück. Ich war nicht alleine. Ein Mann weniger Meter weiter hinten sah mich verwirrt an und bestätigte mir mein Gefühl, dass das nicht geplant war. Meine Mimik verzog sich zu einem "Ich weiss au nöd wo mir ane gönd" und starrte in das verwirrte Gesicht des Mannes zurück. Ein paar Sitze weiter vorne befanden sich noch andere Menschen auf einer ungeplanten Reise. Oder war das für sie geplant? Ist das vielleicht ein Ritual? Gemeinsam mit einer Handvoll anderer verlorenen Seelen landete ich im Tramdepot. Endstation.


Die VBZ hat mir einen unfreiwilligen Spaziergang spendiert. Nicht dramatisch länger als der geplante, aber so geschah es, dass ich mit meinem fake Joghurt und fake Chicken an langen Schlangen von jungen, ausgangswütigen Menschen vorbeispazierte. Die Anstehenden, gekleidet in Massen inszeniertem Individualismus, schwarze Hosen, weisse Sneaker und bauchfrei (wieso auch nicht bei dieser Jahreszeit), standen an, um überteuerte Drinks auszuschütten und unbeholfene Schritte, abwechslungsweise linker, rechter Fuss, zu machen oder wie wir hier in der Schweiz sagen "Tanzen".


Ein leichter Wind, der die Musik durch die Strassen wirbelte, begleitete mich. Das Handy in der einen Hand, das fake Joghurt und fake Chicken fest umklammert unter dem anderen Arm, spazierte ich an Frauen vorbei, die Alt und Jung auffangen, falls das Tanzen nicht das gewünschte Ende der Nacht mit sich bringen würde. Ein paar Bars, lachend lallenden Menschengruppen später, kam auch ich zu Hause an. Gute Nacht.






 
 

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