Erste Dates – 5 Jahre später
- Cécile Abati
- 20. Aug. 2023
- 2 Min. Lesezeit
Wir matchten fünf Jahre, einen Bachelorabschluss und ein paar Semester Masterstudium, eine weltweite Pandemie, zwei Beziehungen, Liebeskummer, von zu Hause ausziehen, später erneut. Wir trafen uns zweimal vor fünf Jahren, unterhielten uns gut, philosophierten übers Leben, einmal im Kaffee Henrici im Niederdorf, wo wahrscheinlich jede Person, die ein Tinder Profil besitzt, schon mal ein Tinder Date hatte und einmal trafen wir uns in einem kleinen Restaurant am See. Seine Theorie, warum das Servicepersonal so unfreundlich im Henrici seien war, sie können es sich leisten, weil sie so guten Kaffee haben. Darum seien auch die Mitarbeiter:innen im Starbucks so freundlich.
Wir trafen uns wieder, diesmal für einen heissen Ingwertee in der Roten Fabrik. Der Regen prasselte gegen die Scheiben, meine Hosen waren leicht nass, meine weissen Dr. Martens Schuhe haben einen guten Job geleistet und meine Socken trocken gehalten, mein Trenchcoat liegt nass über der Stuhllehne. Er trug kurze Hosen, ein T-Shirt, der Wetterbericht zog an ihm heute Morgen vorbei.
Wir unterhielten uns am heissen Ingwertee nippend darüber, was in den letzten fünf Jahren im jeweiligen Leben passiert ist, seine Kunst und die Kunst des Datings. Er hat im Gegensatz zu mir viele Jahre Erfahrung mit Dating-Apps und die dazu passenden Geschichten. Wir spazierten am See entlang, der Regen prasselte gegen meinen Schirm, seine Imitationen über vergangene Dates liessen mich Tränen lachen. Er traf die Tonlage, imitierte Gesten, machte die Art und Weise nach, wie sie liefen, wie sie unangenehm näher rutschten, über Impfgegnerinnen auf LSD und deren Hunde, über unangenehmen Körpergeruch und wie viel man ansprechen kann und was sollte besser verschwiegen werden bei ersten Dates.
Als wir an der Station Selnau ankamen, war unsere Kleidung durchnässt, der Schirm erschöpft und er zog seine Schuhe aus, um diese vor Wasserschäden zu schützen, was definitiv zu spät kam und in der Stadt grundsätzlich nicht die beste Idee ist. Wir standen noch eine Weile da, umarmten uns und so schritt er barfuss die Treppen zum Bahnsteig runter.
Bis in fünf Jahren.