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Der Besuch in der Sauna

  • Autorenbild: Cécile Abati
    Cécile Abati
  • 1. März 2024
  • 2 Min. Lesezeit

Kurzerhand beschloss ich, meine Abneigung gegenüber den Bergen zu ignorieren und mich dem Teamausflug anzuschliessen, packte somit meinen rot-weissen Freitagsrucksack für eine Nacht in Klosters. Schnee war spärlich vorhanden, Nieselregen und Wolken dafür reichlich. Nichtsdestotrotz war das Hotel modern und hübsch eingerichtet, mit vielen hellen Holzelementen, abgeschnittenen Holzstämmen als Beistelltischchen, grünen Elementen, weisser Hotelbettwäsche und einem einer toten Kuh als Teppich auf dem Boden des Hotelzimmers. Nach einem Blick ins Hallenbad des Hotels, begleitet von einer starken Prise Chlor in meiner Nase und lauten Kinderstimmen, die im Wasser plantschten, entschied ich mich für die erwachsene Option: die Sauna. Ich las die Hotelinformationen durch, mehr als die Öffnungszeiten standen nicht zur Sauna. Leicht verunsichert, ob es sich um eine Textilsauna handelte oder nicht, ging ich in schwarzer Kleidung und meinen schwarz-weissen Dr. Martens Richtung Sauna. Zwei Personen lagen auf den Liegestühlen, ich versuchte vergeblich, durch ihre Badetücher zu erkennen, ob sie Badehosen trugen oder nicht. Ich las die Anweisung vor der Sauna durch, wusste nicht mehr als dass ich keinen Schmuck tragen sollte und vorher zu duschen hatte. Gesagt, getan, öffnete ich die Holztür zur Sauna und erkannte sofort, auch ohne meine Brille, dass diese Sauna textilfrei war. Der alte Mann sass auf seinem Handtuch, die Beine breit, ich war meiner Sehschwäche in diesem Moment sehr dankbar. Ich setzte mich auf die andere Seite, denn rückwärts aus einer Sauna zu gehen, erschien mir unhöflich. Da sassen wir also, der alte Mann und ich, die Bikiniträger unter meinem weissen Badetuch versteckt, und schwitzten. Etwa eine Minute verging, dann gesellte sich ein zweiter Herr zu uns. Auch für ihn war klar, diese Sauna war textilfrei. Das warme Holz knarrte unter seinen Füssen, und das Bauchfett drückte auf seine Lungen, das Atmen fiel ihm schwer. Er gab sich Mühe und versuchte kräftig zu atmen, um seine Lungen zu unterstützen. Ich fragte mich noch stärker, wie lange ich wohl schon in der Sauna war und wann es angemessen wäre zu gehen. Einige Minuten später klammerte ich mich bei 90 Grad an meinem Handtuch fest, um nicht zu enthüllen, wie prüde ich mit meinem Badeanzug war, und hüpfte unter die kalte Dusche. Als ich gerade dabei war, mir einen Tee zu kochen, kam zuerst der alte Herr aus der Sauna, dann der Mann mit seinen schwer arbeitenden Lungen. Zumindest dachte ich das. Ich beschloss kurzerhand, noch eine Saunarunde zu machen, ging zurück, öffnete die Holztür erneut und blickte dem schwer atmenden Mann direkt in die Augen. Aus einer Mischung aus Scham und Anstand setzte ich mich wieder auf das heisse Holz, schloss meine Augen und versuchte, meinen inneren Frieden zu finden. Begleitet wurde ich von lautem Atmen, dem Geräusch wenn man sich durch nasse Haare fährt und knarrendem Holz. Ich zählte in Gedanken die Sekunden, die es brauchte, um eine angemessene Zeit zu erreichen, um die Sauna wieder verlassen zu können. Ich gab vor ihm auf, die Fettschicht schien ihn zu isolieren und vor der Hitze zu schützen, er gab nicht schnell auf. Ich hüpfte ein zweites Mal unter die kalte Dusche, zog meinen prüden Bikini aus, schlüpfte in meine schwarze Kleidung und meine Dr. Martens und lief nicht ganz so entspannt, aber inspiriert für einen Blogbeitrag zurück zu meinem Zimmer.

 
 

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