39 Franken für 13 Minuten
- Cécile Abati
- 28. Mai 2023
- 2 Min. Lesezeit
Entschlossen lief ich der Langstrasse entlang, das Handy in der Hand, ich buchte online und zahlte via Twint. Ich habe länger darüber nachgedacht, aber es war wieder mal an der Zeit. Das Geld reut mich zwar meistens, aber ab und zu muss man es tun. Die Ohrstöpsel erfüllten meine Gehörgänge, leicht bekleidete Frauen und in Daunenmäntel gekleidete Männer liefen an mir vorbei. Auffällig lange Handschläge, bestimmtes Zeigen auf dezente Briefkästen im Hinterhof mit gefüllten "Milch"kasten. Eine Shishabar gefolgt von einem Sushi Restaurant, in welches man geht, wenn man für den nächsten Tag ein echtes Arztzeugnis braucht, ein paar dunklere Bars. Wenige Minuten später erreichte ich den Limmatplatz und bog rechts ab. Ich kontrollierte Google Maps und schaute das Geschäft an. Zwei Frauen standen vor dem Geschäft, unterhielten sich lebhaft, währenddessen sie mit der einten Hand mit ihrem Handy herumfuchtelten und in der andern Hand mit der Zigarette ihre Erzählungen durch Gesten untermauerten. Ich schritt langsam an Sie heran, "Hast du online gebucht?" Ich bestätigte nickend und so wurden die Zigaretten ausgedrückt, die Handys in die zu engen Hosentaschen gestopft und einen Augenblick später sass ich auf dem Stuhl. Die etwas dickere, mit schütterem lockigen Haar, einem nicht so dezentem Make-up und nach Marlboro Gold riechenden Händen fuhr mir durchs Haar. "Was darf es für dich sein?" Der Geruch wickelte sich um mein Haar, drängte sich tief in meine Haarstruktur bis zur Wurzel. Ich bereute meine online Buchung. Ich antwortete "Etwas ganz Langweiliges, gerne nur die Spitzen schneiden". Mit wenig Geschick kämmte sie mir durch mein feines, ungefärbtes Haar. Ich kam mir wie ein kleines Kind vor. Sie machte die typische "Ist okay so viel?" Bewegung mit einklemmten Haaren zwischen Zeige- und Ringfinger und ich nickte brav. Sie setzte mit der Schere an, korrigiere mit dem Rasierer und wir versuchten den gezwungenen Smalltalk so kurz wie möglich zu halten. 13 Minuten später war sie fertig. Ich auch. Ich bedankte mich und spazierte der Langstrasse entlang mit neuem Haarschnitt nach Hause und dachte mir 39 Franken für 13 Minuten, kein schlechter Stundenlohn. Hätte ich volleres Haar gehabt, hätte ich da mehr rausschlagen können. Falls du dir anhand des Titels mehr Action erhofft hast, kann ich dich etwas versöhnen. Das Fenster meiner Nachbarin steht wieder offen.